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Bei Graft Wine Shop steht die Gemeinschaft an erster Stelle

Wie eine traditionelle Weinhandlung seinen Gemeinschaftsgedanken (und seine köstlichen Weine) mithilfe von E‑Mail‑Marketing landesweit promotet.

Seit seiner Eröffnung im Jahr 2018 hat es Graft Wine Shop, ein kleines Geschäft im Upper King District von Charleston, zu weitaus mehr gebracht, als nur zu einer herkömmlichen Weinhandlung. Die Idee der langjährigen Freunde Femi Oyediran und Miles White, eine Kombination aus Bar und Weinhandlung, hat sich zu einem beliebten Gemeinschaftstreffpunkt entwickelt: An den „Good Neighbor Sundays“ stellen sogar andere örtliche Geschäfte ihre Produkte auf dem winzigen Parkplatz aus, sodass Kunden ihr Glas Wein zusammen mit Keramik, Kunst und Pizza genießen können.

Dieses Gefühl der Zusammengehörigkeit ist allerdings nicht nur den Kunden vor Ort vorbehalten. Im zweiwöchentlich erscheinenden Newsletter von Graft sorgt Femi bei Abonnenten im ganzen Land mit heiteren Empfehlungen für die besten neuen Weine für gute Laune – so zum Beispiel für die „fein abgestimmte Schwarzkirsch-Jam-Session“, die man „für unter 30 Dollar einsacken“ kann, oder für den Pet Nat, den er als „Rockstar Powerade“ bezeichnet und der „erste Sahne“ ist. Der Newsletter informiert auch über anstehende Veranstaltungen, Neuigkeiten über Mitarbeiter und enthält die neueste Spotify-Playlist des Geschäfts – Bonusinhalte, über die sich niemand wundern wird, der die vielen Schallplatten an den Wänden von Graft schon einmal gesehen hat.

Doch trotz aller witzigen Sprüche und Anspielungen auf die Popkultur der 1990er Jahre nehmen die beiden Inhaber das Geschäft mit hochwertigen Weinen sehr ernst. Sie erhielten 2019 die Auszeichnung Sommeliers of the Year, die von Food & Wine vergeben wird, und erfreuen sich auch bei etablierten Weinsammlern großer Beliebtheit. Vor kurzem haben sie mit Cellar Gang sogar einen zweiten Newsletter herausgebracht, der sich speziell an Kunden richtet, die auf der Suche nach seltenen Weinen sind.

Laut Femi ist E-Mail-Marketing entscheidend für den Erfolg von Graft im E-Commerce-Bereich. Es helfe dem Geschäft, begeisterte Sammler zu erreichen, aber auch Gelegenheitskunden dabei zu unterstützen, neue Geschmackswelten zu entdecken. Mailchimp sprach mit Femi darüber, wie sich die Newsletter auf sein Geschäft (online und stationär) auswirken, wie er mit Mitbewerbern umgeht und warum der Aufbau einer Gemeinschaft für Graft oberste Priorität hat.

Wodurch hebt sich Graft deiner Meinung nach von anderen Weinhandlungen ab?

Ich denke, die meisten Leute, die bei uns Wein trinken oder kaufen, schätzen die Art und Weise, wie wir kommunizieren. Miles und ich haben uns kennengelernt, als wir 20, 21 Jahre alt waren. Wir waren zwei Witzbolde, die zusammen in diesem Restaurant arbeiteten. In der Weinbranche wird gerne der Ausdruck „bodenständig“ verwendet, aber was bedeutet das wirklich? Ich denke, dass wir diese Bodenständigkeit hier tatsächlich verkörpern – wir sprechen mit den Leuten über Wein, wie wir auch über Schallplatten sprechen würden.

Euer zweiwöchentlicher Newsletter hat auch diesen Umgangston. Wie passen E-Mails in eure digitale Marketingstrategie?

Die Newsletter sind unsere einzige Möglichkeit, wirklich mit unseren Kunden zu kommunizieren. Auf Instagram scrollt unsere Zielgruppe jeden Tag durch Tausende Fotos. Die Leute nehmen sich etwa 2 Sekunden Zeit zum Lesen, klicken auf „Gefällt mir“ und scrollen dann weiter. Für die Weinbranche ist das aber oft nicht genug. Man braucht wirklich eine Plattform, auf der man seine Begeisterung für Wein in Worte fassen und auch ins Detail gehen kann. Es ist toll, wenn wir in der Kommunikation mit anderen einen redaktionellen Ton haben. Wenn wir den Newsletter schreiben, fühlt sich das ein bisschen so an, als ob wir unser eigenes Magazin herausgeben würden.

Früher habt ihr euren Wein nicht online verkauft. Wie hat sich das Geschäft durch den E‑Commerce weiterentwickelt?

Der E‑Commerce war bei uns definitiv ein Kind der Pandemie. Nach und nach wurden überall Lockdowns eingeführt, und irgendwann gingen wir mit unserem Wein online, einfach um alles loszuwerden. Ursprünglich, als wir den Onlineverkauf eingeführt hatten, gab es nur eine einzige Option: „Graft, übernehmen Sie“. Das heißt, die Kund*innen sagten uns, wie viel sie ausgeben wollten, und wir gaben ihnen einfach das, was wir da hatten. [Lacht] Wie gesagt, wir wollten alles loswerden.

Als wir merkten, dass die Leute immer noch Wein bei uns kaufen, haben wir begonnen, ihnen mehr Auswahl zu bieten. In den ersten fünf Lockdown-Monaten, als wir unser gesamtes Inventar online gestellt hatten, war jeden Tag die Hölle los. Seitdem es wieder Öffnungen gegeben hat, ist es online definitiv nicht mehr so hektisch wie früher, aber es gibt immer noch eine lebhafte Nachfrage. Wir haben mit dem Versand begonnen und bekommen inzwischen viele Bestellungen aus anderen Bundesstaaten. Ich glaube, die Leute lesen den Newsletter und denken: „Hmm, eigentlich könnte ich das auch hier vor Ort kaufen, aber wir kaufen bei diesen Jungs, weil es mir so viel Spaß macht, das hier zu lesen.“

Die Newsletter sind unsere einzige Möglichkeit, wirklich mit unseren Kunden zu kommunizieren.

Habt ihr festgestellt, dass sich diese digitalen Bemühungen auch auf den Verkauf im Geschäft auswirken?

Das ist die wohl größte Veränderung, die wir bemerkt haben: Weine, die zwischen 60 und 150 Dollar kosten, verkauften sich früher nicht so gut. Wenn man hier reinkommt, würde man sich wahrscheinlich nicht für sie entscheiden, es sei denn, dass man genau nach diesen Weinen sucht. Wenn ich aber jetzt einen dieser Weine in unserem Newsletter anpreisen würde, wäre er innerhalb weniger Wochen ausverkauft. Diese Bemühungen sind sehr wichtig für die Art und Weise, wie die Leute Wein kaufen – oder zumindest für die Art und Weise, wie sie bei uns Wein kaufen wollen. Meiner Meinung nach kann man mit Newslettern vermeiden, dass Kunden ihren Kauf später bereuen. Ich sage ihnen: „Dieser Wein ist köstlich. Ich glaube wirklich daran, und denke, dass eine fantastische Geschichte dahintersteckt.“ So können sich Kunden sicher sein, dass sie bei unseren Weinen nicht danebengreifen. Sie wissen, wenn sie das Geld ausgeben, wird ihre Neugierde wahrscheinlich belohnt.

Ihr habt auch einen zweiten Newsletter, Cellar Gang, herausgebracht, der sich speziell auf Premiumweine konzentriert. Warum?

Wir haben Cellar Gang für Leute gestartet, die sich einen seriösen Weinkeller aufbauen wollen, oder zumindest für diejenigen, die sich auch für etwas teurere Weine begeistern lassen. Ich möchte quasi ihre Zustimmung, um ihnen Weine anzubieten, die schon ziemlich speziell sind. [Lacht]

Diejenigen, die den Laden betreten und die teuersten Flaschen kaufen, sind in der Regel Touristen. Damit will ich nicht sagen, dass Einheimische das nicht auch tun, aber wenn Besucher am Samstag hierherkommen, sehen sie in der Regel Dinge, die in Großstädten nur sehr schwer zu bekommen sind, aber hier erhältlich sind. Die Leute werden Cellar Gang abonnieren und herausfinden, dass wir einen dieser „Oh-mein-Gott“-Weine haben – Weine, von denen ich selbst überrascht bin, dass ich sie überhaupt besorgen konnte, und die Tatsache, dass sie immer noch in meinem Regal stehen, ist der Hammer –, und sie werden vielleicht ihren Freunden davon berichten, sodass wir durch Mundpropaganda noch weiterwachsen. Auf diese Weise können wir auch andere Kunden ansprechen.

Ihr habt ein großartiges Netzwerk mit Unternehmen aus der Region aufgebaut, indem ihr ihre Produkte anbietet oder sie zu euren wöchentlichen „Good Neighbor Sundays“ einladet. Warum ist euch das wichtig?

Als ich vor Jahren im Charleston Grill arbeitete, las ich das Buch Setting the Table von Danny Meyer. Er schreibt, dass man, um ein wirklich großartiges und erfolgreiches Restaurant aufzubauen, Teil der Gemeinschaft werden muss. Er spricht darüber, wie er das mit dem Union Square Cafe erreicht hat, wie sie in die Nachbarschaft, in Parks und Gemeindeveranstaltungen investiert haben. Der beste Weg für ein Restaurant, sich wirklich zu bewähren, ist, ein Symbol für Gemeinschaft zu sein. Wenn die Leute an Geschäfte in der Innenstadt von Charleston, also an lokale Geschäfte denken, dann kommt ihnen hoffentlich auch Graft in den Sinn. Und wenn sie an Sonntage denken, dann hoffe ich, dass ihnen ebenfalls Graft und das Nachbarschaftsfest einfällt.

Es scheint so, als ob dieser Gemeinschaftsgedanke nicht nur den Unternehmen, die ihr zu den Good Neighbor Sundays einladet, wichtig ist, sondern auch Mitbewerbern wie anderen Weinhandlungen. Warum?

Vor einigen Jahren hörte ich ein Interview mit Questlove über den Aufstieg von The Roots. Er verglich sie mit Punkrock aus den 1980ern: Es gab damals nicht eine einzige Band, die groß rauskam, sondern viele Bands, die alle gleichzeitig berühmt wurden. Er sagte, dass der Erfolg von The Roots hauptsächlich darauf zurückzuführen gewesen sei, dass das Label gleichgesinnte Künstler unter Vertrag genommen und sie alle zusammen als eine Bewegung gefördert habe.

Ich habe nur kurz gebraucht, um zu begreifen, dass es mit Wein ganz ähnlich ist. Graft kann nur dann erfolgreich sein, wenn Wein in Charleston wirklich erfolgreich wird. Deshalb würde ich Käufern auch ein anderes Geschäft oder eine andere Weinhandlung in der Stadt empfehlen: Ich denke, dass wir alle davon profitieren werden, wenn wir alle erfolgreich sind und wenn Wein hier erfolgreich ist. Dazu bedarf es aber der gemeinsamen Anstrengungen aller.

Fotos: Joel Caldwell und Olivia Rae James

Veröffentlicht: 8. März 2022

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