Wenn du Anfang Oktober eine belebte Straße entlangschlenderst, zeigen sich bereits die ersten Vorboten auf die feierliche Jahreszeit: ein Hauch von Lametta in einem Schaufenster, eine E-Mail mit einer Weihnachtsvorschau, die auf deinem Handy eingeht, ein Elternteil, das im Zug nach Hause damit beginnt, eine Geschenkliste zusammenzustellen. Für viele fühlt es sich noch zu früh an – als wären die Feiertage als „unangemeldeter Gast“ hereingeplatzt – aber die Hochsaison für Weihnachtseinkäufe hat unbestreitbar begonnen.
In den nächsten 15 Wochen werden die Menschen weiterhin Geschenke kaufen, ob für sich selbst und andere. Allerdings werden sie dabei von unterschiedlichen emotionalen Auslösefaktoren und Motivationen geleitet.
Das Wichtigste, was sich Vermarkter mit Blick auf die heutige Feiertagssaison vor Augen halten müssen: Sie verläuft nicht mehr in einem großen Bogen. Es gibt keine einheitliche „Feiertagssaison“. Wie unser neuer Bericht Weihnachtskampagnen ausgepackt zeigt, verläuft die Weihnachtszeit in sieben verschiedenen Phasen, in denen jeweils ein anderer Käufertyp mit eindeutigen Motivationen im Vordergrund steht.
Lies weiter, um diesen neuen Rhythmus zu verstehen, den jeder Vermarkter in seine Planung einbeziehen sollte …
Die Saison beginnt früher, als du denkst
Für viele Menschen ist es im Oktober noch zu früh, um überhaupt an Weihnachtseinkäufe zu denken. Und doch haben laut unserer Studie 43 % der Käufer in dieser frühen Vorlaufphase der Saison bereits in Verbindung mit einer Verkaufsaktion im Oktober einen Kauf getätigt. In den USA hat ein bemerkenswerter Anteil der Amazon-Kunden die „Prime Big Deal Days“ (Amazons große Oktober-Schnäppchentage) genutzt, um nicht sich selbst, sondern andere zu beschenken.
Julian Givi, ein Marketingprofessor, der sich eingehend mit dem Thema Schenken auseinandergesetzt hat, erzählte uns, dass sich der Oktober zwar für viele Menschen verfrüht anfühlt, es aber auch eine Gruppe gibt, die einfach gerne vorausplant und anderen stolz davon berichtet, schon alles erledigt zu haben. Wir nennen diese Frühplaner Gift-Giving Lifers. Vermarkter können diese Gruppe gezielt ansprechen. Bedenke dabei aber: Übermäßig festliches Marketing im Oktober geht oft nach hinten los.
Ein paar Wochen später nimmt die Stimmung zu. In der vorweihnachtlichen Verkaufsphase (Anfang November) beginnen weihnachtliche Signale ihre Magie zu entfalten. Rote Tassen. Allseits bekannte Lieder. Die ersten Geschenkempfehlungen trudeln ein. Wie die Semiotikerin Dr. Rachel Lawes es formulierte, ändern Käufer ihre Entscheidungen, sobald diese kulturellen Signale ertönen: Sie achten nicht mehr nur auf den Preis für Weihnachtsgeschenke, der in dieser Phase im Vergleich zum Rest des Jahres tatsächlich um 35 % in den Hintergrund rückt. Stattdessen überwiegt der Wunsch, sinnvolle Geschenke zu machen. Das sind die sogenannten Joyful Shoppers.
Der Neurowissenschaftler Dr. Thomas Ramsøy beschreibt diese Phase als eine Art Sinneswandel. Marken, die weihnachtliche Signale aussenden, geben in dieser Kategorie klar den Ton vor.
Das Umsatzpotenzial ist nach wie vor enorm, nur eben vielschichtiger
Die umsatzstärkste Zeit im November zieht immer noch große Aufmerksamkeit auf sich: Drei von vier Käufern weltweit haben in den letzten zwei Jahren bei Black Friday zugeschlagen. Das ist der Moment, in dem Käufer wirklich anfangen, ihre Geschenklisten abzuhaken. Miya Knights, strategische Beraterin sowie Inhaberin und Herausgeberin des Retail Technology Magazine, erklärt, dass die Angst, etwas zu verpassen, nach wie vor ein starker Hebel ist: Knappheit und zeitlich begrenzte Angebote schaffen die soziale Dynamik, die es braucht, um einen Verkauf zu einem wahren Ereignis zu machen.
Aber auch für Familien ist die Phase mit Vorteilen verbunden: Eltern nutzen den Black Friday häufiger als Nicht-Eltern, um so gleich mehrere Geschenke auf einmal zu kaufen. Kunden, die hier im Rampenlicht stehen – wir nennen sie Discount Devotees – sind nicht nur auf der Jagd nach dem größten Schnäppchen, sondern auch nach dem günstigsten Zeitpunkt, den besten Extras und der Gelegenheit, damit zu prahlen, das System überlistet zu haben.
Im Dezember herrschen zwei verschiedene Stimmungen vor
Und dann gibt es den Dezember, eine emotional aufgeladene Zeit, in der die Stimmung eher zweigeteilt ist.
Anfang Dezember beginnt die festliche Phase, in der Tradition und Besinnlichkeit im Mittelpunkt stehen. In Deutschland und den Benelux-Ländern ist der Nikolaustag allein fast für die Hälfte der Einkäufe verantwortlich. In dieser Zeit sind die Curators besonders aktiv. Dabei handelt es sich um Käufer, die eine Hintergrundgeschichte, Handwerkskunst oder eine außergewöhnliche Herkunft genauso schätzen wie das Produkt selbst.
Dr. Jason Pallant, Dozent für Marketing an der RMIT University und globaler Einzelhandelsexperte, sagte uns, dass viele Menschen zuerst die Geschenke abhaken, die auf den Wunschzetteln der Familie ganz oben stehen – und sich dann auf die Suche nach einer Überraschung begeben, mit der die Beschenkten nicht rechnen.
Mitte des Monats setzt der Last-Minute-Sprint ein. In dieser Phase bleibt nicht mehr viel Zeit zum Überlegen und die Jagd nach einem passenden Geschenk gewinnt an Dynamik und Fahrt. Zwei Kräfte prallen aufeinander: Menschen, die an Ritualen und Traditionen festhalten wollen – also das Laptop beiseite legen, heiße Schokolade trinken oder eine Grillparty am Strand genießen – und andere, denen immer mehr bewusst wird, dass die Uhr unaufhaltsam tickt. Das sind die Last-Minute Listers: Hier können Marken punkten, die ihnen die Gewissheit geben, dass ihre Geschenke rechtzeitig ankommen.
Schließlich steht diese Gruppe von Käufern unter enormem Stress. Sorgfältig ausgearbeitete Pläne führen oft zu Panik in letzter Minute: „Artikel könnten nicht mehr vorrätig sein, Online-Bestellungen zu spät ankommen und die Zeit rennt“, erklärt Julian Givi.
Wenn Kunden Zweifel haben, dass ihre E-Commerce-Einkäufe noch rechtzeitig geliefert werden, weichen sie auf den stationären Handel aus. Deshalb sind in dieser Phase klare Liefer- und Bestellfristen, die Verfügbarkeit des Lagerbestands vor Ort und Abholmöglichkeiten besser als kreative Ansätze, um die Verkäufe anzukurbeln. Am Super Samstag, dem letzten Samstag vor Weihnachten, schlagen die meisten zu, die zuvor noch unschlüssig waren, welches Geschenk sie wählen sollen – ein Beweis dafür, dass Dringlichkeit, wenn sie kontrollierbar ist, zu Konversionen führt.
Nach Weihnachten hört das Einkaufen nicht auf
In der Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr, die wir Betwixtmas nennen, gewinnt die Einkaufslust allmählich wieder an Dynamik. Es wird weiter bestellt und geshoppt – aber die Motivation ist eine andere. In Märkten wie Australien, Kanada und Großbritannien ist der Boxing Day nach wie vor ein Anziehungspunkt. Hier greifen die Self-Gifters vermehrt zu. Dr. Rachel Lawes beschreibt diesen Moment als den Augenblick, in dem man „endlich durchatmen“ und ohne schlechtes Gewissen genießen kann. Daher finden Botschaften wie „Belohne dich selbst“ in dieser Zeit den größten Anklang.
In der Neujahrsphase im Januar sieht die Stimmung wieder anders: optimistisch, vorausschauend und überraschend selbstbezogen. In Europa nutzen fast zwei Drittel der Käufer Januarangebote, um sich selbst zu beschenken, oft in Verbindung mit Vorsätzen und Routinen. Für diese Self-Improvers geht es um dabei um das zukünftige Ich – Fitness, Wellness, Organisation und Lernen.
Die Verhaltenswissenschaftlerin Nancy Harhut nennt dies einen „zeitlichen Orientierungspunkt“ – einen Moment, in dem Menschen besonders offen dafür sind, neue Marken auszuprobieren und sich Gewohnheiten anzueignen, weil er einen Neuanfang signalisiert.

Die sieben Käufer, auf die du in dieser Zeit antreffen wirst
Im Laufe der Weihnachtszeit wirst du sieben verschiedene Arten von Weihnachtseinkäufern kennenlernen:
- Gift-Giving Lifers. Die besonders gut vorbereiteten Planer, die vor dem Ansturm alles erledigt haben – und dafür sorgen, dass jeder davon erfährt.
- Joyful Shoppers. Bei dieser Art von Käufern überwiegt der Wunsch danach, sinnvolle Geschenke zu machen, gegenüber der Jagd nach Rabatten. Sie begeben sich gerne frühzeitig auf die Suche, um das perfekte Geschenk zu finden.
- Discount Devotees. Hauptmotivation dieser Zielgruppe ist der Nervenkitzel der Schnäppchenjagd, vor allem, dass sie es geschafft haben, sich exklusive Angebote zu sichern.
- Curators. Diese Käufer sind auf der Suche nach besonderen Geschenken mit einer Geschichte, handgefertigten Produkten oder etwas Einzigartigem.
- Last-Minute Listers. Diese Käufergruppe steht unter Druck und braucht die Gewissheit, dass die Geschenke rechtzeitig ankommen.
- Self-Gifters. Sobald das Chaos vorbei ist, gönnen sich diese Käufer das Geschenk, das sie nicht bekommen haben.
- Self-Improvers. Im Januar nutzt diese Zielgruppe Angebote, um Ihre Vorsätze in die Tat umzusetzen und einen Neuanfang zu machen.
Und hier ist der Clou: Diese Käufer lassen sich nicht so leicht in feste Schubladen stecken. Ein und dieselbe Person kann im Laufe der Saison von einem Typ zum anderen wechseln – von einem akribischen Curator, der sich Anfang Dezember auf die Suche begibt, zu einem Self-Gifter, der sich vor dem neuen Jahr selbst eine Freude macht.
Warum das jetzt wichtig ist
Wenn deine Feiertagsplanung zum regelrechten Kraftakt wird, bleiben die nötige Aufmerksamkeit – und der erhoffte Umsatz – ungenutzt.
Vielmehr gilt es, die Gelegenheit beim Schopfe zu packen und die Botschaft auf den Moment abzustimmen: zu wissen, in welcher Phase sich deine Zielgruppe befindet, die damit verbundene Denkweise zu verstehen und entsprechend zu handeln. Marken, die sich hier von ihren Mitbewerbern abheben, gehen auf die physischen, emotionalen und kulturelle Bedürfnisse ihrer Kunden ein und passen ihre Geschichte (und das Angebot) entsprechend an.
Im vollständigen Bericht Weihnachtskampagnen ausgepackt findest du die vier Schritte, die wir empfehlen, um das Beste aus jeder Phase herauszuholen. Dazu erhältst du wertvolle Einblicke in die regionsspezifischen Nuancen, weitere Expertenanalysen und die Daten hinter jedem Ergebnis.

